Der Buddhismus - vier edle Wahrheiten...

Der Buddha hatte die Wandelbarkeit, das Entstehen– Vergehen und damit das Leidvolle allen Lebens erlebt, das ohne einen beständigen Kern, ohne unvergängliche Seele ist, nur aus Vorbedingungen sich immer neu erzeugt und in rastlosem Wechsel ständig neue Erscheinungen (dhammas) zeitigt. Er fasste diese Erkenntnis in die vier edlen Wahrheiten zusammen:

1.Das Leiden.
2.Die Entstehung des Leidens.
3.Die Aufhebung des Leidens.
4.Den zur Aufhebung des Leidens führenden Pfad, den Pfad der Mitte, den edlen achtgliedrigen Weg.

Der Büßer Gotama war der Erwachte, der Vollkommene, der Buddha geworden.

Die Erde erbebte, so berichtet die Legende. Himmlische Heerscharen jubelten ihm, dem Buddha, dem Erwachten, zu und brachten ihm die Verehrung dar, da es ihm gelungen war, den Weg aus dem Leiden zu finden.

Der Buddha, mit überweltlichem Auge die in Begehren und Lust verstrickten Wesen betrachtend, war nicht gewillt, "die nie zuvor gehörte und nur den Weisen verständlich Lehre zu verkünden, denn: Versteher sind schwer zu finden":

"Erkannt habe ich diese Lehre, die tiefe, schwer zu schauende, schwer zu verstehende, die friedvolle, herrliche, bloßem Nachdenken unerfaßbare, feine, nur den Weisen zugängliche. In Weltlust aber verweilt die Menschheit; in Weltlust ist sie heimisch; an Weltlust freut sie sich. So ist denn der Menschheit, der in Weltlust verweilenden, in Weltlustheimischen, an Weltlust sich freuenden dies schwer erkennbar: die Verknüpfung von Ursachen und Wirkungen, die Entstehung eines jeglichen aus seiner Ursache. Und auch dies ist gar schwer erschaubar: Das Zurruhekommen aller Karmaformationen, das Fahrenlassen aller Daseinsubstrate, die Vernichtung des Durstes, das Freisein von Verlangen, das Aufhören, das Nirvana".–

Die himmlischen Wesen baten ihn jedoch, so berichtet die Legende weiter, um ihrer selbst und der leidenden Menschheit willen die Verkündung der Lehre nicht zurückzuhalten. Mit dem Ausruf:

?s gibt einige unter den Wesen, deren Augen kaum mit Staub bedeckt sind; sie werden die Wahrheit erkennen", war der Buddha zur Verkündung seiner Lehre bereit.

Der Buddha erzählt selbst, wie er sich auf den Weg machte, um seinen einstigen Schülern die Lehre als den Ersten vorzutragen:

"Da nun, ihr Mönche, wanderte ich von Ort zu Ort bis nach Benares, zum Tierpark Isipatana, bis ich mich der Gesellschaft der fünf Mönche näherte. Und es sahen mich, ihr Mönche, die fünf Mönche von weitem herankommen. Als sie meiner ansichtig geworden waren, kamen sie miteinander überein: Da kommt, ihr Freunde, dieser Büßer Gotama, üppig geworden, ungesammelten Strebens, der Üppigkeit zugewandt. Der soll nicht begrüßt werden, nicht durch Erheben bewillkommt werden, nicht soll ihm Schale und Gewand abgenommen werden.–

Wie ich aber näher und näher herankam, da blieben die fünf Mönche weniger und weniger im Stande, an ihrer Beredung festzuhalten. Und einige kamen mir entgegen und nahmen mir Schale und Gewand ab, einige richteten mir den Sitz her, einige stellten Fußwasser bereit; nichts desto weniger redeten sie mich mit dem Namen und mit dem Brudertitel an.

Daraufhin, ihr Mönche, sprach ich zu den fünf Mönchen so:

Nicht doch, ihr Mönche, redet den Vollendeten mit Namen und mit dem Brudertitel an! Heilig, ihr Mönche, ist der Vollendete, vollerwacht. Leiht, ihr Mönche, das Ohr. Das Todlose ist gefunden. Ich unterweise, ich zeige die Lehre. Und wenn ihr gemäss der Unterweisung lebt, so werdet ihr in gar nicht langer Zeit das, um dessentwillen Edelgeborene ganz und gar aus dem Haus in die Hauslosigkeit hinausziehen, dieses unvergleichliche Ziel des Reinheitlebens, schon in diesem Dasein aus euch selber heraus begreifen, verwirklichen und in seinem Besitz verweilen3. Majjh.Nik.



Mit der bekannten Rede von Benares setzte er vor ihnen das Rad der Lehre in Bewegung.

"Unweit der Stadt Benares, im Gazellenhain, hat der Erhabene das unvergleichliche Gesetzes-Rad in Bewegung gesetzt, dessen Stillstand niemand in der Welt bewirken kann, kein Priester, kein Asket, kein Gott, kein Teufel, auch Gott Brahma in der Glanzwelt nicht." Samy. Nik.

"Zwei Enden gibt es, ihr Mönche, von denen sich einer, der der Welt entsagt hat, fernhalten muß.

Welche beiden?

Die Hingabe an die Sinnengenüsse; denn sie ist niedrig, gemein, weltlich, unedel, zwecklos; und die Hingabe an die Selbstpeinigung, denn sie ist leidvoll, unedel, zwecklos.

Diese beiden Enden vermeidet der Vollendete; er hat den Weg der Mitte gefunden, der das Auge und die Erkenntnis schafft, und der zur Ruhe, zum Wissen, zur Erleuchtung, zum Nirvana führt. Und was ist dieser Weg? Es ist der edle Pfad, der da bestehe aus acht Gliedern:

Rechte Anschauung, rechter Entschluss, rechte Rede, rechtes Tun, rechter Lebensunterhalt, rechte Anstrengung, rechte Achtsamkeit, rechte Sammlung.

Dies ist der Weg der Mitte, den der Vollendete gefunden hat, und der zum Nirvana führt. Das ist, ihr Mönche, die edle Wahrheit vom Leiden; Geburt ist Leiden, Alter ist Leiden, Krankheit ist Leiden, Tod ist Leiden, von Lieben getrennt sein ist Leiden, mit Unlieben vereint sein ist Leiden, nicht erlangen, was man begehrt, ist Leiden, Kummer, Jammer, Schmerz, Gram und Verzweiflung sind Leiden. Kurz, die fünf Gruppen des Anhaftens sind Leiden.

Das ist, ihr Mönche, die edle Wahrheit von der Entstehung des Leidens: Es ist dieser Durst, der immer wieder von Dasein zu Dasein führende: Der Sinnlichkeitsdurst, der Durst nach Gestaltung, der Durst nach Vernichtung.

Das ist, ihr Mönche, die edle Wahrheit von der Aufhebung des Leidens: Es ist eben dieses Durstes Aufhebung durch völlige Leidenschaftslosigkeit, das Aufgeben, das Sichentäußern, Sichloslösen, Sich-Befreien von ihm.

Das ist, ihr Mönche, die edle Wahrheit von dem zur Leidensvernichtung führenden Pfad: Es ist dieser edle, achtgliedrige Weg:

Rechte Anschauung, rechter Entschluss, rechte Rede, rechtes Tun, rechter Lebensunterhalt, rechte Anstrengung, rechte Achtsamkeit, rechte Sammlung.

Solange ich, ihr Mönche, von diesen edlen vier Wahrheiten nicht die wahre Erkenntnis in voller Klarheit besaß, solange hatte ich nicht das Bewußtsein, in der Welt die höchste Erleuchtung gewonnen zu haben. Seitdem ich aber diese Erkenntnis besitze, seitdem habe ich das Bewußtsein, in dieser Welt und denen der Götter, des Mara und Brahma, unter allen Wesen einschließlich der Asketen und Brahmanen, der Götter und Menschen, die höchste Erleuchtung gewonnen zu haben.

Und die Erkenntnis ging mir auf: unverlierbare Erlösung des Denkens ist mein; dies ist meine letzte Geburt; nicht gibt es hinfort für mich ein Wiedergeborenwerden". Samy. Nik.

Seine Schüler von einst wurden seine ersten Anhänger; ihnen folgten bald weitere. Mit den stehenden Worten:

"Ziehet aus, ihr Mönche, und wandert zum Heile für viele Menschen, aus Erbarmen für die Welt, zum Segen, zum Heile, zur Freude für Götter und Menschen", wies er seine Mönchsschar an, einzeln zu gehen, um dadurch die Lehre weitgehend zu verbreiten.

So zog auch der Buddha von Ort zu Ort und von Land zu Land seine Lehre verkündend 45 Jahre umher, wobei sich immer mehr Anhänger seiner Lehre zuwandten. Er lehrte Tugend in Form einfacher Lebensregeln, wenn er dem Volke den Weg wies, höchstes Wissen aber, wenn er zu seinen Mönchen sprach.

Entsprechend der Aufnahmefähigkeit seiner Zuhörer, die sowohl aus Laienanhängern als aus Mönchen bestanden, sprach der Buddha einleitend vom Geben, vom sittlichen Leben, von der Verderbtheit der Lüste, um dann überzugehen zu dem besten Wissen der Buddhas: den vier edlen Wahrheiten.

Der Buddha war 80 Jahre alt, als er starb, völlig erlosch. Der Leichnam wurde in Kusinara verbrannt. Seine letzten Worte waren die Mahnung:

"Vergänglich ist alles, was da geworden;
auf dass ihr nicht später Reue empfindet,
strebet ohn' Unterlaß!"